Problem Kaputtbesitzen: "Brauchen wir einen Gebäude-Tüv?"
Ja! 56%
Nein! 44%
Im Dezember 2013 holte die Hamburger Polizei in einer nächtlichen Eilräumung etwa 90 Bewohnerinnen und Bewohner der sogenannten Esso-Häuser an der Reeperbahn aus ihren Wohnungen, weil Mieter eine Erschütterung wahrgenommen hatten und man die Standfestigkeit der Sechziger-Jahre-Häuser akut gefährdet sah. Die Räumung machte den Weg frei für den Abriss der umkämpften Gebäude und deren Neubebauung durch die Immobilienfirma, die das Areal fünf Jahre zuvor gekauft hatte. Die „Initiative Essohäuser“, in der Mieter und Nachbarn organisiert sind, hat den Vorbesitzern und den aktuellen Eigentümern attestiert „über Jahrzehnte nicht ausreichend in die Instandhaltung investiert” zu haben – und wirft den zuständigen Behörden vor, diese Form den “Kaputtbesitzens” nicht kontrolliert und verhindert zu haben.
Tatsächlich scheint sich das gezielte Verwahrlosenlassen von Immobilien gerade in wachsenden Metropolen durchaus zu lohnen: Statt in den vergleichweise günstigen Altbestand zu investieren, lassen Eigentümer die Häuser vergammeln, um schließlich feststellen zu lassen, dass eine Sanierung unwirtschaftlich wäre. Auch privatisierte Großsiedlungen in weniger gefragte Städten fallen heute als “Schrottimmobilien” bisweilen an die Kommunen zurück, weil internationale Finanzinvestoren ihre Bestände nicht gepflegt haben.
Zwar gibt es im Baugesetzbuch den § 177, der das „Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot“ regelt, demzufolge die Gemeinden die „Beseitigung von Misständen“ anordnen können und sollen. De facto fehlt es aber in den meisten Kommunen an Personal, Mitteln oder auch an politischem Willen, dieses Gebot gegenüber den Immobilieneigentümer durchzusetzen. Die Frage ist: Brauchen wir, um die Altbestände unserer Städte vor dem Profitinteresse von Investoren zu retten, einen handlungsfähig und personell gut ausgestatteten Gebäude-Tüv, der überwacht, dass die Eigentümer ihrer Pflicht zur Instandhaltung nachkommen, statt auf einen profitablen Abriss zu setzen oder einfach die Mieten zu kassieren, ohne sich um die Pflege der Immobilien zu kümmern?
Diese Debatte ist Gastkuratiert von Christrioph Twickel, Journalist und Buchautor. Er hat die Hamburger »Recht auf Stadt«-Bewegung als Journalist begleitet, ist Mitinitiator und Sprecher von »Not In Our Name, Marke Hamburg« und Autor des Buches „GENTRIFIDINGSBUMS oder Eine Stadt für alle“. Zu weiteren Debatten-Beiträge von Christoph Twickel auf BKULT: "Können wir noch lebenswerte Stadtquartiere bauen?", „Brauchen wir noch IBAs?
Nein ...
Ja ...
Ja ...
Jein ...
Ja ...
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Jein ...
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Ja ...
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Wir haben schon genug sinnlose Bürokratie !
Bestehende Gesetze müssen nur konsquent anwandt werden !
Anreize & Konsequenz statt Bürokratie.
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Julian Sebastian Birkmaier / 5.8.2019 / 11:16
Nein ...
M.E. nach absolut richtig.
Die enorme Belastung der Baubranche durch Überregulierung und vor Allem durch lahme Bürokratie erlebe ich tagtäglich bei meiner Arbeit.
Der Begriff "Überregulierung" soll bitte nicht als neoliberaler Kampfbegriff missverstanden werden.
Die Frage ist doch stets: Wo ist Regulierung notwendig und schafft für die Gemeinschaft einen technischen, gesundheitlichen, kulturellen, moralischen, ökologischen,..., Mehrwert?
Insbesondere beim Bauen ist hier schon seit Jahren weit über das Ziel hinaus geschossen worden. Kosten und Nutzen stehen in keinem darstellbaren Verhältnis.
Zum konkreten Thema des "Gebäude-TÜV":
Es gibt bereits ausreichend Standards und Richtlinien. Sowohl für das Bauen auf der grünen Wiese, das Bauen im Bestand, als auch für das Betreiben und Verwalten von Gebäuden (insb. von Wohnraum).
Meine These:
Die bestehenden Regelungen werden nicht zum Nutzen der Schwächsten in diesem System umgesetzt. Es ist kein Zufall, dass das hier genannte Fallbeispiel in einer strukturell und sozial schwachen Nachbarschaft liegt.
Eine Verwaltung, die jetzt schon überlastet ist, wird auch mit einem zusätzlichen "Gebäude TÜV Siegel" die Schwächsten im System nicht effektiver schützen.
Meine Forderung:
Die öffentliche Hand muss sich neu zu ihren Aufgaben in der Daseinsvorsorge bekennen und entsprechend Geld für Personal und Strukturen in die Hand nehmen. Und ja, das heißt neben Personalverbesserungen auch mehr öffentliche Bauaktivität.
Anstatt weiter Sand in ein verstopftes Getriebe zu kippen, sollte das Getriebe geschmiert und ggf. gestärkt werden.